Interview mit einer ausgebildeten Waldtherapeutin
Dr. Vivien Eichmüller, Fachärztin für Allgemeinmedizin
Warum wollten Sie die Waldtherapie kennenlernen?
Ich bin Allgemeinärztin und arbeite in einer psychosomatischen Klinik in Kühlungsborn. Der Wald spielt in meinem Leben eine große Rolle. Ich gehe zur Jagd, bin viel draußen und mit der Natur in Verbindung. Ich unterstütze ehrenamtlich einen engagierten Jagdpächter, der Kindern den Wald nahebringt. Dafür haben wir in Teßmannsdorf ein „grünes Klassenzimmer“ gebaut. Die Weiterbildung war für mich eine Möglichkeit, tiefer in die psychosomatisch-therapeutische Arbeit im und mit dem Wald einzusteigen.
Was ist Ihnen in der Weiterbildung bewusst geworden?
Es gibt zwar eine Fülle an vielversprechenden waldtherapeutischen Anwendungen für verschiedene Erkrankungsbilder, etabliert ist die Waldtherapie jedoch noch nicht. Umso wichtiger ist die saubere wissenschaftliche Arbeit im Kontext von Waldtherapie. Das haben wir auch im Kurs häufig diskutiert. Immer zu überlegen, wie kann die Wirksamkeit objektiv messbar gemacht werden. Inwieweit sind Effekte nachweisbar? Wie können Therapieansätze weiterentwickelt werden? Stimmen aus der Weiterbildung Dr. Vivien Eichmüller Fachärztin für Allgemeinmedizin Teilnehmerin Weiterbildung Waldtherapie Vivien Eichmüller über chronische Kopfschmerzen
Sie haben eine Anwendung für Patientinnen und Patienten mit chronischen Schmerzen entwickelt. Was war die Herausforderung?
Schmerzstörungen und Schmerzerkrankungen sind sehr komplex und häufig schon chronifiziert, wenn die Patienten zur Behandlung kommen. Es ist schwierig, Schmerz objektiv zu messen. Ich habe die visuelle Analogskala genutzt, in der die Patienten dem Schmerz eine Zahl von eins bis zehn zuweisen. Ich habe mich in der Erprobung auf Patienten mit Spannungskopfschmerzen beschränkt und verschiedene Übungen im Wald durchgeführt.
Welcher Art waren die Übungen?
Ich habe die Atmosphäre des Waldes genutzt, um assoziativ zu arbeiten und neue therapeutische Zugänge zu finden. In einer Übung sollten die Patienten beispielsweise drei Dinge sammeln unter den Aspekten: Das tut mir gut. Das steht für meinen Schmerz. Und das kann meinen Schmerz lindern. Die Übung sorgt zunächst für Ablenkung und kann in der Reflexion alternative therapeutische Ansätze fördern. Bei einer anderen Übung haben die Patienten einen Baum ausgesucht, mit dem sie sich identifizieren. Sie haben reflektiert, warum sie diesen Baum gewählt haben und was das mit ihrem Schmerz zu tun hat. Oder, ein drittes Beispiel, die Patienten sind nah an einen Baum heran gegangen und sollten sich vorstellen, ähnlich zum autogenen Training, den Schmerz in den Boden abzuleiten.
Was wäre anders, wenn Sie die gleichen Übungen im Innenhof Ihrer Klinik durchführen würden?
Nach meinem subjektiven Eindruck sind die Übungen im Wald effektiver. Die Atmosphäre überträgt sich auf die Patienten. Der nächste Schritt ist der objektive Nachweis.